Vernehmlassung zur Änderung des Kindes- und Erwachsenenschutz-gesetzes (KESG)
Mit einer Anpassung des Kindes- und Erwachsenenschutzgesetzes will der Regierungsrat die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden entlasten und effizienter machen. Die Grünen begrüssen einfachere Verfahren im Grundsatz. Die erweiterte präsidiale Einzelkompetenz, die der Regierungsrat vorschlägt, erachten die Grünen aber als problematisch.
Am 1. Januar 2013 ist auf Bundesebene im Bereich Kindes- und Erwachsenenschutz eine Jahrhundertreform in Kraft getreten. Nach den ersten zwei Jahren kann festgestellt werden, dass die neuen professionellen Fachbehörden grundsätzlich auf eine hohe Zustimmung zählen können und die neue Behördenorganisation, insbesondere im Kanton Bern, grossmehrheitlich unbestritten ist.
Mit einer Anpassung des Kindes- und Erwachsenenschutzgesetzes will der Regierungsrat die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden entlasten und effizienter machen. Neu sollen Fälle, die nicht zwingend ein interdisziplinäres Gremium erfordern, durch Einzelpersonen entschieden werden. Die Grünen begrüssen einfachere Verfahren, um die Aufgaben im Kindes- und Erwachsenenschutz in genügender Qualität und innert nützlicher Frist zu erledigen, im Grundsatz. Der erweiterten präsidialen Einzelkompetenz, wie sie der Regierungsrat vorschlägt, stehen die Grünen aber kritisch gegenüber. Die Verlockung, mit grosszügig festgelegten Einzelzuständigkeiten schnellere Verfahren und schlanke Abläufe vorzuweisen, würde die Grundidee der Interdisziplinarität innerhalb der KESB unterlaufen. Für die Grünen ist darum eine restriktive Handhabung von Einzelkompetenzen unabdingbar.
Für die Grünen nicht nachvollziehbar ist die zwingende Verknüpfung der Präsidien der KESB mit einem Abschluss der Rechtswissenschaften. Der Entscheid des Kantons Bern, die Präsidien mit JuristInnen zu besetzen, hat dazu geführt, dass die Intention, eine interdisziplinäre Behörde zu schaffen, im obersten Führungs- und Steuerungsgremium nicht umgesetzt wird. In der Praxis führt dies dazu, dass Abläufe, Strukturen und Qualitätsstandards geschaffen werden, die zentrale Denkmuster und fachliche Kriterien der in der Geschäftsleitung nicht vertretenen Disziplinen (wie beispielsweise die Soziale Arbeit) nicht angemessen berücksichtigen. Die Grünen beantragen in ihrer Stellungnahme darum, dass das Präsidium für andere Disziplinen geöffnet wird.
Die Umsetzung des neuen Rechts, insbesondere der Neuaufbau der KESB, hat sich als grosse Herausforderung erwiesen. Daher befürworten die Grünen die vorgesehene Evaluation über einen Zeitraum von vier Jahren ausdrücklich. Was die Auswirkungen der Jahrhundertreform auf den Personalbestand und das Arbeitsumfeld im Kanton Bern betreffen, bedarf es einer vertieften Analyse und Evaluation. Denn die hohe Arbeitslast für die Mitarbeitenden der KESB bleibt auch mit der Gesetzesänderung bestehen.
Stellungnahme der Grünen Kanton Bern (PDF)
Für weitere Auskünfte:
Christine Häsler, Grossrätin Grüne, 079 379 47 05