Revision Sozialhilfegesetz: GRÜNE kritisieren fehlenden Einbezug der Gemeinden und Fachverbände
Die GRÜNEN Kanton Bern stehen der Revision des Sozialhilfegesetzes sehr kritisch gegenüber. Die Einführung eines Selbstbehaltes für die Gemeinden lehnen sie ab. Zudem kritisieren die GRÜNEN den fehlenden Einbezug der Gemeinden sowie der Fachverbände in die Revision scharf.
Mit der heute präsentierten Revision des Sozialhilfegesetzes will Regierungsrat Schnegg die Arbeitsanreize verbessern, einen Selbstbehalt für Gemeinden einführen sowie die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung des (bereits tätigen) Sozialrevisorats und der neuen Fallführungssoftware NFFS schaffen.
Intransparenter Prozess
Die Vorlage wurde von der GSI hinter verschlossenen Türen erarbeitet, bis heute waren nicht einmal die Themen der Revision bekannt. Die Gemeinden wurden nicht in den Prozess einbezogen – obwohl sie für den Vollzug zuständig sind und zudem 50% der Sozialhilfe finanzieren. Auch das Wissen von Fachverbänden wurde nicht abgeholt. Der Erarbeitungsprozess war damit intransparent und alles andere als partizipativ. Seraina Patzen, Grossrätin der GRÜNEN sagt dazu: «Hier zeigt sich einmal mehr: Regierungsrat Schnegg will seine Vorstellungen einfach durchdrücken, ohne das Fachwissen der relevanten Akteure einzubeziehen. Damit stellt er Ideologie vor Sachpolitik – das ist unhaltbar.»
Selbstbehalt setzt falsche Anreize
Einen Selbstbehalt für die Gemeinden, wie ihn der Regierungsrat vorschlägt, lehnen die GRÜNEN ab. Das System eines Selbstbehaltes geht von der Vorstellung aus, dass die Gemeinden mit diesem «Anreiz» schneller für die Wiedereingliederung ihrer Klient*innen sorgen würden, um die Kosten zu senken. In der Fachwelt ist man sich einig, dass diese Annahme nicht zutrifft. Grossrätin Andrea de Meuron teilt diese Einschätzung: «Tiefere Leistungen in der Sozialhilfe erschweren die berufliche und soziale Integration und bewirken keine raschere Ablösung von der Sozialhilfe.» Das Gleiche gilt auch für die Sozialdienste: Pilotprojekte haben gezeigt, dass mehr Ressourcen in den Sozialdiensten dazu führen, dass Klient*innen dank mehr Zeit für Beratung und Vernetzung rascher integriert werden und nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen sind. Damit würde ein Selbstbehalt genau die falschen Anreize setzen und zu kurzfristigen Kostensenkungen führen, die langfristig negative Folgen haben. Diese sogenannten Anreize erreichen so genau das Gegenteil, von dem, was sie versprechen.
Zudem sind die von den Sozialdiensten effektiv beeinflussbaren Kosten sehr klein, womit der riesige administrative Aufwand für die Berechnung des Selbstbehalts sowieso nicht zu rechtfertigen ist.
Existenzsicherung statt Druck
Die GRÜNEN sehen auch die vorgesehenen Anpassungen im Bereich der wirtschaftlichen Hilfe sehr kritisch. So soll beispielsweise der Grundbedarf abhängig vom Sprachniveau gekürzt werden können oder die Verjährungsfristen für die Rückzahlung der bezogenen Sozialhilfe verlängert werden. «Anstatt immer mehr Druck auf armutsbetroffene Menschen auszuüben, sollte der Kanton endlich den Grundbedarf an das schweizweit empfohlene Niveau anpassen und die Menschen mit Bildung, Vernetzung und anständigen Sozialleistungen aus der Armutsfalle befreien!» fordert Grossrätin Seraina Patzen. Denn heute gibt es zwar statistisch immer weniger Sozialhilfebezüger*innen, doch Studien zeigen, dass die Quote von Menschen, die trotz Anrecht auf den Bezug von Sozialhilfe verzichten, immer grösser wird. Ein Grund: Die rechte Politik, die seit Jahren Sozialhilfebezüger*innen stigmatisiert.