Nein zur Totalrevision des Sozialhilfegesetzes
Die GRÜNEN Kanton Bern lehnen die Totalrevision des Sozialhilfegesetzes in der vorliegenden Form ab. Die Sozialhilfe muss darauf ausgerichtet sein, Menschen aus der Armut zu befreien. Stattdessen will die Revision Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten verschärfen. So wird die Stigmatisierung von Armut befeuert und der Zugang zur Sozialhilfe erschwert.
Die GRÜNEN Kanton Bern kritisieren in ihrer Stellungnahme insbesondere folgende Punkte:
Keine weitere Erschwerung des Zugangs zur Sozialhilfe: Die GRÜNEN Kanton Bern lehnen die vorgesehenen Verschärfungen bei den Kürzungs- und Einstellungsmöglichkeiten sowie die Erleichterungen für Sozialinspektionen ab. Es dürfen keine neuen Vorbedingungen für den Bezug von Sozialhilfe eingeführt und der Zugang zur Sozialhilfe damit weiter erschwert werden. Zudem soll der Fokus in der Aufsichtstätigkeit nicht nur auf den rechtmässigen Bezug gelegt werden, sondern auch darauf, ob Betroffene ihnen zustehende Leistungen tatsächlich erhalten.
Selbstbehalt setzt falsche Anreize: Einen Selbstbehalt für die Gemeinden, wie ihn der Regierungsrat vorschlägt, lehnen die GRÜNEN ab. Das System eines Selbstbehaltes geht von der Vorstellung aus, dass die Gemeinden mit diesem «Anreiz» schneller für die Wiedereingliederung ihrer Klient*innen sorgen würden, um die Kosten zu senken. In der Fachwelt ist man sich einig, dass diese Annahme nicht zutrifft. Studien zeigen, dass tiefere Leistungen in der Sozialhilfe die berufliche und soziale Integration erschweren und keine raschere Ablösung von der Sozialhilfe bewirken. Das Gleiche gilt auch für die Sozialdienste: Pilotprojekte haben gezeigt, dass mehr Ressourcen in den Sozialdiensten dazu führen, dass Klient*innen dank mehr Zeit für Beratung und Vernetzung rascher integriert werden und nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen sind. Damit würde ein Selbstbehalt genau die falschen Anreize setzen und zu kurzfristigen Kostensenkungen führen, die langfristig negative Folgen haben. Zudem sind die von den Sozialdiensten effektiv beeinflussbaren Kosten sehr klein, womit der riesige administrative Aufwand für die Berechnung des Selbstbehalts nicht zu rechtfertigen ist.
Grundbedarf erhöhen: Die GRÜNEN kritisieren scharf, dass der Kanton Bern als einziger Kanton die Empfehlungen der SKOS zur Höhe des Grundbedarfs nicht einhält und fordern eine verbindliche Verankerung der SKOS Grundsätze im Sozialhilfegesetz.
Einführung einer Ombudsstelle & niederschwelliger Rechtsberatung: Menschen, die Sozialhilfe beziehen sollen sich bei Problemen oder rechtlichen Fragen unabhängig und niederschwellig beraten lassen können. Die GRÜNEN fordern die Gesundheits- Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) auf, die Umsetzung einer neuen, unabhängigen Ombudsstelle oder die finanzielle Unterstützung bestehender freiwilliger Strukturen in den Gesetzesvorschlag aufzunehmen.
Weiter bemängelnd die GRÜNEN Kanton Bern den intransparenten Prozess: Die Vorlage wurde von der GSI weitgehend ohne Einbezug der Gemeinden und Fachverbände erarbeitet. Die Gemeinden sind für den Vollzug zuständig und finanzieren 50 % der Sozialhilfe, ein angemessener Einbezug in die Erarbeitung einer Totalrevision des Sozialhilfegesetzes scheint uns unabdingbar. Auch das Wissen von Fachverbänden muss abgeholt werden und einfliessen.