Die Spielregeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge werden neu national koordiniert und der Kanton Bern wird demnächst über das «Gesetz über den Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen» beschliessen. Die GRÜNEN unterstützen die Vorlage, da damit im Beschaffungswesen die ökologischen und sozial nachhaltigen Ziele verstärkt und konkretisiert werden. Dies entspricht der Forderung der Motion «Kantonales Beschaffungsrecht nachhaltiger ausgestalten!» der GRÜNEN aus dem Jahr 2016. 
 
Die öffentlichen Beschaffungen auf allen Staatsebenen generieren jährlich Aufträge im Umfang von 41 Milliarden Franken, 80% davon in den Kantonen. Stärkere Nachhaltigkeitskriterien sind auch für die lokale Wirtschaft eine Chance und helfen mit, lokale Arbeitsplätze zu sichern. In den öffentlichen Beschaffungen soll nicht mehr das billigste Angebot siegen, sondern die Anbieterin, welche langfristig gesehen die vorteilhaftesten Dienstleistungen und Güter anbietet. 
 
Im Antrag der Regierung fehlt aber ein Instrument zur Durchsetzung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann. Zur Erinnerung: In der Privatwirtschaft verdienen Frauen nach wie vor 19.6% weniger als Männer, was eine Differenz von 1’532 Fr. pro Monat ist. Davon ist die Hälfte nicht mit Unterschieden in der Ausbildung etc. erklärbar.
 
Die Regierung begnügt sich mit einer Selbstdeklaration der Unternehmen. Dies ist absolut unverständlich, denn der Kanton Bern hatte hier bisher eine Vorreiterrolle. So hat der Kanton Bern bereits 2010 bis 2013 in einem Pilotprojekt von Anbieter*innen eine Lohngleichheitsauswertung verlangt. Die Lohngleichheit ist eine Teilnahmevoraussetzung im Beschaffungswesen, aber ohne Kontrolle kaum wirksam. Das neue Gesetz wäre ohne Kontrolle ein Rückschritt für den Kanton Bern. Dabei hat der Regierungsrat 2016 die „Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor“ unterzeichnet. Seit dem 1.1.2017 macht der Kanton Bern im Staatsbeitragsgesetz Stichproben zur Kontrolle der Lohngleichheit.
 
Auch auf Bundesebene wird die Einhaltung der Lohngleichheit im öffentlichen Beschaffungswesen heute bereits kontrolliert. Der Kanton soll hier analog vorgehen. Die Kontrolle der Einhaltung ist auch aus der Sicht der Wirtschaft von Interesse, da damit für alle Anbieter*innen die gleichen Spielregeln gelten und niemand sich durch zu tiefe Frauenlöhne einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen kann. Es ist damit auch ein Gebot der Wettbewerbstransparenz. 
 
Die GRÜNEN verlangen nachdrücklich, dass im kantonalen Einführungsgesetz Lohngleichheitskontrollen verankert werden und werden sich im Grossen Rat dafür einsetzen. Ein neues Beschaffungsgesetz ohne Lohngleichheitskontrollen wäre ein Rückschritt für die Gleichstellung von Frau und Mann und nicht akzeptabel.